Schlaf – Zeitverschwendung?

Seit einigen Monaten befasse ich mich intensiv mit dem Thema Schlaf. Etwas, das ich bis vor Kurzem für Zeitverschwendung gehalten habe, hat sich mittlerweile zu einem meiner wichtigsten Gesundheitsaspekten entwickelt. 

Ich habe diesem Thema lange Zeit wenig Beachtung geschenkt, ich war nie sonderlich müde, habe nie lange zum Einschlafen gebraucht, lag nachts auch nie wach… habe Schlafen aber auch nie wirklich toll gefunden und ihm keinen hohen Wert beigemessen. 

Nun ist das Thema Gesundheit für mich in den letzten Jahren zum wichtigsten Wert in meinem Leben geworden und so tauchte auch das Thema Schlaf immer wieder auf. Auf diese Weise habe ich seinen unschätzbaren Wert für mich entdeckt. 

Warum ist Schlaf wichtig? 

Schlaf ist einer der Kernfaktoren, wenn es um unsere Gesundheit geht. Eine Menge Krankheiten (Herz-Kreislauf-Krankheiten, Fettleibigkeit, Demenz, Diabetes und Krebs) hängen mit einem Mangel an gesundem Schlaf zusammen. 

Ohne ausreichend gesunden Schlaf funktioniert unser Gehirn nicht richtig und auch Bewegung und Sport wird unausgeschlafen zu einem Kraftakt, da wir keine Energie für Aktivität haben. Wenn wir nicht genug schlafen, schüttet unser Körper mehr Cortisol aus – dies verursacht Stress in uns. Und auch unser Magen-Darm-Trakt kann nicht richtig funktionieren, da zu wenig Schlaf die Aufnahme wichtiger Nährstoffe verhindert. Unser gesamtes Hormonsystem hängt von gutem Schlaf ab und kann z.B. unsere Fortpflanzung, die Libido und unseren Eisprung beeinträchtigen. Zu guter Letzt hat Schlaf auch einen großen Einfluss auf unser Immunsystem und schon eine verkürzte Nacht, beeinträchtigt es. 

Es gibt mittlerweile eine Reihe wissenschaftlicher Beweise, für den Zusammenhang zwischen Krebs und Schlafstörungen, so dass die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) Nachtarbeit als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hat. (Hier sind allerdings noch einige Fragen offen).

Was ist denn ein gesunder, ausreichender Schlaf? 

  • Wir brauchen ca. 15-20 Minuten zum Einschlafen. Dies ist normal. Schlafen wir innerhalb von 5 Minuten oder sogar weniger ein, kann dies ein Zeichen von Erschöpfung/Dauer-Übermüdung sein. 
  • 7-9 Stunden Schlaf braucht ein Erwachsener im Alter zwischen 25-64 Jahren.
  • Ca. 90 Minuten Tiefschlaf pro Nacht sind optimal. Wenn wir nur sehr wenig Tiefschlaf haben, kann es sein, dass wir uns nie wirklich fit und ausgeruht fühlen, auch wenn wir lange schlafen, gut ein- und durchschlafen. Tiefschlaf ist also richtig wichtig für einen gesunden und qualitativ guten Schlaf.
  • Unsere Schlafzyklen dauern immer etwa 90 Minuten und setzen sich aus Wach-sein, REM-Schlaf, Leichtschlaf und Tiefschlaf zusammen.

Was passiert in welcher Schlafphase? 

Tiefschlaf: Kurz gesagt, findet hier die körperliche Erholung statt. Infos des Tages werden aus dem Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis gepackt, damit unser Kurzzeitspeicher am nächsten Tag wieder aufnahmefähig ist. Dies ist wichtig fürs Lernen und Erinnern an (tolle) Erlebnisse, unser Herzkreislaufsystem. Zudem kommen Blutdruck und Puls zur Ruhe.

REM-Schlaf: Hier geht es um emotionale Erholung. In dieser Phase träumen wir und die Phase spielt eine wichtige Rolle beim Entwickeln kreativer Lösungen und dem Verarbeiten dessen, was wir am Tag emotional erlebt haben. 

Wie kann ich herausfinden, ob ich qualitativ guten und ausreichend Schlaf habe? 

Ich habe lange mit meiner Apple Watch meinen Schlaf getrackt, habe mir nun aber von einigen Monaten einen Oura-Ring gekauft, der sich ausschließlich auf das Schlaftracking spezialisiert. Ich wurde schon oft gefragt, ob es hier Unterschiede in den Messergebnissen gibt: Ja, die gibt es sehr sehr deutlich, vor allem in der Messung der Länge der einzelnen Schlafphasen. 

Mein Ring sagt mir am Morgen: 

  • wie lange ich zum Einschlafen gebraucht habe (Latenz)
  • er zeigt meine Schlafphasen, wann dieses waren und wie lange ich in der jeweiligen Phase war
  • meine Sauerstoffsättigung im Blut
  • meinen durchschnittlichen Ruhepuls und wann mein Ruhepuls sein Minimum erreicht hat (je früher dies in der Nacht geschieht, desto schneller haben wir uns erholt)
  • meine HRV (Herzratenvariabilität)
  • meine Körpertemperatur
  • ob das Timing meines Schlafens gut ist 

So sieht z.B. die Gesamtübersicht in der Kurzform aus:

Tagsüber misst der Ring meinen Stresslevel, meine Aktivität usw. und errechnet daraus meine Tagesform und auch meine Resilienz.

Das Messen und Datensammeln muss man mögen. Viele Menschen in meinem Umfeld mögen es gar nicht, da es sie unter Druck setzen würde oder „schlechte“ Werte zur selbsterfüllenden Prophezeihung werden könnten. Das muss einfach jeder für sich entscheiden – ich mag meinen Ring und all die Daten. „What you can measure, you can manage.“

Aber auch ohne Devices kannst du in dich reinhören um zu schauen, ob du dich am Morgen ausgeruht fühlst, ob du von alleine/leicht wach wirst und ob du die Zeit im Bett auch wirklich zum Schlafen nutzt oder häufig sehr lange wach liegst. 

Wie kann ich bestmöglich für gute Schlafbedingungen sorgen? 

Ich habe hier mal zusammengeschrieben, was ich mir aus sämtlichen Büchern und Podcasts erarbeitet habe und was mir hilft, gut und ausreichend zu schlafen.  

Das klingt jetzt alles erstmal ziemlich viel und ist auch bei mir das Ergebnis von Gewohnheitsumstellungen des letzten Jahres. Schritt für Schritt habe ich für mich einfach mal ausprobiert, was mir gut tut. Sieh es also, wie alles was ich hier schreibe, als Inspiration und Ideensammlung. 

  • Ich gehe jeden Tag ziemlich zur selben Zeit ins Bett (Abweichung +/- 1 Stunde) und stehe auch entsprechend immer ähnlich auf, auch an den Wochenenden. Schwierig ist dies bei Dienstreisen, bei denen die Nacht oftmals schon um 4 Uhr endet. Hier versuche ich etwas früher schlafen zu gehen, so dass ich auf meine 7-8 Stunden Schlaf komme. Klappt leider nur selten!
  • Die Zimmertemperatur in unserem Schlafzimmer liegt bei etwa 18 Grad (im Sommer manchmal schwierig).
  • Unser Schlafzimmer ist fast stockdunkel, lediglich ein paar Schlitze unserer Rollos sind nicht geschlossen. Sonst gibt es keinerlei Lichtquellen, kein Wecker auf dem man die Uhrzeit sieht usw. (Unser Schlafzimmer ist für uns auch Handy/iPad/TV-freie Zone).
  • Ich trinke ab ca. 15 Uhr kein Koffein mehr. Es gibt super Alternativen, wie z.B. den entkoffeinierten Kaffee von No Coffee.
  • Ich mache ca. 3 Stunden vor dem Schlafen gehen keinen auspowernden Sport mehr.
  • Ich schalte die mobilien Daten und WLAN meines Handys ab ca. 19 Uhr aus, einfach um mich mit Dingen zu beschäftigen, die mich zur Ruhe bringen und wirklich abschalten lassen. 
  • Ich nutzt kein iPad, PC o.ä. mehr ca. 1-2 Stunden vor dem Schlafen gehen.
  • Wir versuchen 2-3 Stunden vor dem Schlafen gehen unser Abendessen gegessen zu haben. Klappt nicht immer, aber ich merke spätes Essen leider direkt an meiner Schlafqualität.
  • Ich trinke ca. 1,5 Stunden vor dem Zubettgehen nichts mehr, damit ich nachts möglichst wenig aus Klo muss. Wir haben im Bad eine kleine Bewegungsmelder-Lampe angeschafft, so dass ich nicht mehr das normale, sehr helle, Badezimmerlicht anmachen muss, wenn ich doch mal nachts raus muss. Dies erleichtert mir das Wieder-Einschlafen sehr! 
  • Wir machen auch im Haus abends nur noch gemütliches, warmes und weniger Licht an
  • Und dann noch der Spielverderber oder die gute Nachricht für alle Fans des „Day-Drinkings“: kein Alkohol am Abend 😉  
  • Wir haben seit ein paar Jahren einen Tageslichtwecker – für uns ein absoluter Game-Changer beim Aufstehen.
  • Morgens in der ersten Stunde nach dem Aufstehen ist Tageslicht (ersatzweise in den Wintermonaten eine Tageslichtlampe) super wichtig, da Tageslicht unserem Körper ein Signal gibt, Melatonin zu produzieren. Dieses wird dann 12-16 Stunden später ausgeschüttet/freigesetzt – wichtig um dann wieder einschlafen zu können. Ausreichend Licht nach dem Aufstehen ist laut meiner Literatur wohl eines der meist unterschätzen Faktoren, der zu schlechtem Schlaf und zu zu wenig Tiefschlaf führt. 
  • Ich gehöre leider zu den Menschen, denen, wenn sie sich nachts auf den Rücken drehen, der Mund aufgeht und dadurch schnarche ich dann…daher mache ich Mouth Tapping. Ja, ich klebe nachts meinen Mund zum Schlafen zu. Somit schnarche ich nicht mehr und stelle zudem sicher, dass ich ausschließlich durch die Nase atme (geht nur, wenn man nicht erkältet ist und wenn man sonst keine chronischen Nasen-/Nasen-Nebenhöhlen, whatever-Leiden hat). Warum Mundatmen wirklich nix Dolles ist und jede Menge ernsthaft unschöne Dinge mit sich bringt, darüber schreibe ich mal, wenn ich einen Blog Artikel zum Thema „Atmen“ mache. Bis dahin darfst du diesen Punkt komisch finden… ging mir am Anfang auch so. Und für diejenigen, die mich mit Panzertape-zugeklebten Mund schlafen sehen: nein, nein, es ist nur ca. 1cm breites 3M Vliespflaster, von dem ich ca. 2-3 cm von Richtung Nase zum Kinn klebe. 
  • Schlafmaske oder Ohrenstöpsel brauche ich persönlich nicht, wird aber auch immer wieder empfohlen.

Was sonst noch spannend ist: 

  • Wir können Schlaf nur bedingt nachholen. Wenn wir unter der Woche zu wenig schlafen, können wir dies am Wochenende leider nur bis zu einem gewissen Maß nachholen und der Erholungseffekt ist nicht so gut. Studien haben dies gezeigt. Zudem sorgt der unterschiedliche Schlafrhythmus für Stress im Körper und somit dafür, dass sich der Zuckerstoffwechsel der Studienteilnehmer verschlechtert hat. 
  • Wir haben in der ersten Nacht in einer fremden Umgebung einen schlechteren Schlaf, da eine Gehirnhälfte immer etwas weniger fest schläft, da sie wachsam unsere Umgebung wahrnimmt um uns vor Gefahren zu beschützen. Dies gibt sich nach ein paar Nächten und erklärt für mich, warum Schlafen auf kurzen Dienstreisen einfach nicht so gut gelingt. 
  • Unser Schlafverhalten verändert sich im Laufe unseres Lebens. So verschiebt sich die Schlafphase von Jugendliche tatsächlich (und nicht um ihre Eltern zu ärgern) nach hinten, sprich sie werden später müde und würden morgens gerne länger schlafen, was auch wichtig wäre, da hier die so wichtiger REM Schlafphasen länger sind… Aber das ist nochmal eine ganz eigene Wissenschaft, die an dieser Stelle zu weit führen würde. 
  • Ein Power-Nap am frühen(!) Nachmittag, sollte nicht länger als 25 Minuten sein. Es sollte allerdings idealerweise 7-8 Stunden Zeit zwischen Power-Nap und abendlichem Zubettgehen liegen.

In diesem Sinne kann ich für mich sagen, dass die Wirkung von Schlaf doch ziemlich genial ist. Sollte es etwas geben, was dir beim guten Schlafen hilft, teile dies gerne in den Kommentaren unten.

Gute Nacht und schlaft gut,

Nicole

Gute Literatur und weitere Infos zum Thema 

Buch: Das große Buch vom Schlaf, Prof. Dr. med. Matthew Walker

Buch: Die Tiefschlafformel, Chris Surel und Simon Biallowons

Buch: Ab jetzt Bio Hacking, Andreas Breitfeld und Stefan Wagner  

Podcast: Die Biohacking Praxis, Folgen: Folge 50, 32, 

Podcast: Auf & Up, Chris Surel, Folge 32

Studie: Christopher M. Depner, Edward L. Melanson, Robert H. Eckel, …, Ellen R. Stothard, SarahJ.Morton, KennethP.Wright,Jr. (2019). Weekend Recovery Sleep Fails to Prevent Metabolic Dysregulation during a Repeating Pattern of Insufficient Sleep and Weekend Recovery Sleep.https://www.cell.com/current-b…(19)30098-3?_returnURL=https%3A%2F%2Flinkinghub.elsevier.com%2Fretrieve%2Fpii%2FS0960982219300983%3Fshowall%3Dtrue

Zeit-Artikel:  https://www.cell.com/current-b…(19)30098-3?_returnURL=https%3A%2F%2Flinkinghub.elsevier.com%2Fretrieve%2Fpii%2FS0960982219300983%3Fshowall%3Dtrue

Und noch ein Fun-Fakt zum Titelbild: Warum man im Frankfurt am besten schläft

Für alle in diesem Beitrag genannten Produkte, Artikel, Bücher, Podcasts etc. gilt: Unbezahlte Werbung

1 Kommentar
  1. Jockel
    Jockel sagte:

    Hallo Nicole, wieder mal herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen Blogbeitrag! Ein sehr wichtiges und komplexes Thema super auf den Punkt gebracht. Danke dafür! 🙂

    Antworten

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